Raiffeisen-ESG-Sovereign-Indikator

Für die nachhaltige Bewertung von Staaten ergeben sich eine Reihe von neuen Fragestellungen:

  • Wie ist das Thema Sicherheitsarchitektur in eine systematische nachhaltige Bewertung von Staaten zu integrieren?

  • Was verstehen wir unter Militarisierung, wie wird sie gemessen?

  • Wie ist Militarisierung auf staatlicher Ebene zu bewerten?

Wir haben versucht, Antworten auf die relevantesten Fragen zu finden, welche sich aus der Sicherheitsarchitektur in Zusammenhang mit Staaten ergeben. In Bezug auf den Raiffeisen-ESG-Sovereign-Indikator wurde relativ rasch klar, dass es einer Weiterentwicklung bedarf, um den Themenkomplex schlüssig einzuarbeiten.

Eine systematische Integration des Themas Sicherheitsarchitektur setzt an der Wurzel an (was sind relevante KPIs?), geht weiter über die Frage der Einordnung in Kernthemen und deren Gewichtung und schließt mit der Fragestellung, welche Rolle einer qualitativen Bewertung dieses Themas zukommt.

Der Raiffeisen-ESG-Sovereign-Indikator ist ein Bewertungstool, mit welchem die nachhaltige Leistungsfähigkeit von Staaten bewertet werden soll.

  • Kombinierte Bewertung mittels hauseigener Einschätzung und anerkannter externer Agenturen

  • Systematische Bewertung auf 4 Ebenen

  • Fokus auf quantitative Bewertungsverfahren – aktuell mehr als 40 Key-Performance-Indikatoren (KPIs), welche 12 nachhaltigen Kernthemen zugeordnet werden

  • Innerhalb der nachhaltigen Bewertung stärkere Akzentuierung von E (environmental/ökologisch) gegenüber S (sozial) und G (Governance)

  • Jährliches Rebalancing, laufendes Monitoring

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Nachhaltigkeitsbewertung von Staaten

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Key-Performance-Indikatoren

Grundsätzlich ist unsere Einschätzung, dass Staaten, welche eine hohe Militarisierung aufweisen, unter nachhaltigen Gesichtspunkten schlechter zu bewerten sind als Staaten, welche einen geringen Militarisierungsgrad aufweisen. Das Hauptargument dafür lautet, dass finanzielle oder personelle Ressourcen, welche für militärische Zwecke eingesetzt werden, einen geringeren nachhaltigen Nutzen stiften als Ressourcen, welche beispielsweise für Erziehung, Ausbildung oder Gesundheitsweisen bereitgestellt werden. Ein Bewertungsmodell, welches diesem Gedanken sehr stark Rechnung trägt, ist der globale Militarisierungsindex (GMI), welcher vom Bonner BICC* seit 1990 ermittelt wird. Er bildet das relative Gewicht und die Bedeutung des Militärapparates eines Staates im Verhältnis zur Gesellschaft als Ganzer ab. Der GMI setzt sich aus 6 Subindizes zusammen, welche die folgenden drei Themenkomplexe abdecken:

  • Militärausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) und den staatlichen Gesundheitsausgaben (Anteil am BIP)

  • Gesamtzahl von (para)militärischem Personal sowie Reservisten im Verhältnis zur Zahl der Ärztinnen und Ärzte und zur Gesamtbevölkerung

  • Anzahl der schweren Waffensysteme im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung

Der GMI wird im Raiffeisen-ESG-Sovereign-Indikator derzeit im Governancebereich berücksichtigt.

Gesamtübersicht GMI-Ranking 2021

Gesamtübersicht GMI-Ranking 2021
Quelle Konfliktdaten: UCDP/PRIO Armed Conflict Dataset, Quelle administrative Grenzen: Natural Earth Dataset

Welche Rolle spielt die qualitative Beurteilung in diesem Themenbereich?

Gerade in Fragen der militärischen Sicherheitspolitik von Staaten ist ein kritisches Hinterfragen von quantitativen Bewertungen letztlich unausweichlich. Kann man es Ländern wie Israel, Südkorea oder der Ukraine vorwerfen, dass sie bereits im Jahr 2020 unter den Top 20 der am höchsten militarisierten Länder weltweit lagen? Wohl kaum! Dementsprechend ist die quantitative Bewertung mittels des GMI die Basis der nachhaltigen Beurteilung. So wirkt sich ein hoher Militarisierungsgrad eines Landes grundsätzlich negativ auf die Governance-Bewertung des betreffenden Landes aus und führt somit auch zu einer schlechteren Nachhaltigkeitsbewertung. Dennoch kann in konkreten Einzelfällen von der quantitativen Bewertung des Landes auf der zweiten Ebene (E, S, G) abgewichen werden, wenn ausreichende Gründe dafürsprechen. Anlassfälle sind in der Regel ESG-Kontroversen.

Darunter sind Vorkommnisse oder Situationen zu verstehen, in denen Staaten durch eigenes Handeln oder bewusstes In-Kauf-Nehmen negative Auswirkungen in nachhaltigen Themenbereichen erzeugen. Das Ausmaß der qualitativen Neubewertung (Adjustierung) hängt von der Schwere des Vorkommnisses („Severity“) sowie von der Höhe der quantitativen Bewertung** des jeweiligen Landes ab. Innerhalb des Raiffeisen-eigenen Bewertungssystems liegt der Spielraum für qualitative Bewertungsadjustierungen bei bis zu 50 % der quantitativ erreichbaren Punkte, womit der Stellenwert des kritischen Hinterfragens von Daten klar hervorgehoben wird.

Riegler Andreas
Andreas Riegler, Senior Fondsmanager Raiffeisen KAG

Weitere Erläuterungen

*Die Bonn International Center for Conflict Studies (BICC) GmbH ist ein Unternehmen mit Sitz in Bonn. Es setzt sich für die Förderung von Frieden und Entwicklung ein und zählt neben dem Institut für Entwicklung und Frieden, der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V., dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) und der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HFSK) zu den fünf führenden deutschen Friedensforschungsinstituten.

**Ein Land mit einer hohen Bewertung in einem nachhaltigen Themenbereich hat grundsätzlich mehr zu verlieren als ein Land, das im selben Themenbereich sehr schwach abschneidet.

Dieser Inhalt ist nur für institutionelle Anlegerinnen und Anleger vorgesehen.

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